Wasserkraft –
Alte Energie mit neuer Zukunft

 

Vortrag bei der Tagung

Energie

des
Regionalverbands
Bodensee-Oberschwaben
9. November 2005

von

Julian Aicher


Sehr geehrte Damen und Herren!
Werte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister!
Sehr geehrte Beschäftigte in Gemeinde- und Kreisverwaltungen!
Sehr geehrte Gemeinderats- und Kreistsagsmitglieder!
Werte Abgeordnete!


Zunächst einmal möchte ich dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben und besonders Walter Göppel von der “energieagentur ravensburg” recht herzlich dafür danken, dass ich heute hier zu Ihrer Fachtagung mit dem Vortrag “Wasserkraft- alte Energie mit neuer Zukunft” beitragen darf. Danken dafür, dass ich Ihnen Einblicke in diejenige Energieträgerin bieten darf, die derzeit – neben der Windkraft – die größte Strommenge aus erneuerbaren Energiequellen in Deutschland liefert: die Wasserkraft.


Ich stelle mich kurz selber vor: Julian Aicher, Betreiber eines Kleinwasserkraftwerks in Leutkirch-Rotismühle mit einer Jahresarbeit von rund 30.000 bis 75.000 Kilowattstunden. Vom Journalismus her kommend, arbeite ich heute vor allem in meinem “regenerativ informations- und organisations-service” (rio’s). Was rio’s tut, sehen Sie etwa an der Mönch- oder Schulermühle Ravensburg, Wangener Straße, Blickrichtung von Wangen, Dort verrät eine Informationstafel an der Außenwand des Gebäudes
einiges über die Wirkung der Wasserkraft in der Mühle selbst.
Diese Tafel stamt von rio’s. Ehrenamtlich diene ich dagegen im Vorstand der “Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg eV” als Pressesprecher. Dieser Arbeitsgemeinschaft gehören über 700 Inhaberinnen und Inhaber kleinerer, mittlerer und mittelständisch betriebener Wasserkraftanlagen an – in Mühlen, Sägereien, E-Werken, - aber auch gemeindeeigene Stromversorger wie die “Energieversorgung Oberstdorf”. Die “Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg” vertritt mit rund 1.000 Wasserkraftanlagen etwa zwei drittel der Wassertriebwerke im Land.


Baienfurt: ein Ort mit viel Wasserkraft

Wenn ich heute über Wasserkraft spreche, dann umso lieber in Baienfurt. Also einem Ort, wo die fließende Energie des tosenden Nass besonders stark wirkt. Entstand die Papierfabrik Baienfurt doch hier, weil die Wolfegger Ach sowohl Wasser furs Papier als auch Wasserkraft liefert. Seit 1873 laufen in der Papierfabrik Turbinen. Ein 5,4 Kilometer langer Kanal lenkt Wasser der Wolfegger Ach zum Kraftwerk der Fabrik. Ihn bauten im 19. Jahrhundert italienische Fachleute mit auf. Ihre Nachkommen sorgen noch heute in vierter Generation dafür, dass im Telefonbuch Baienfurts die Capellis und Guffantis stehen. Völkerverbindung dank Wasserkraft.

Sie merken: über Wasserkraft kann man stunden-, tage- oder gar wochenlang sprechen.


In den kommenden 17 Minuten möchte ich Ihnen aber vor allem erklären, welche ungeheuren Strommengen noch zusätzlich aus Wasserkraft in Deutschland gewonnen werden könnten.

Eine gute Nachricht. Denn: Wir alle müssen so schnell wie möglich dafür sorgen, dass unsere Ennergie komplett -also 100prozentig - aus erneuerbaren Energiequellen stammt. Sie haben mich schon richtig verstanden: 100 Prozent.
Also hauptsächlich aus heimischen Kräften.

Es gibt bereits Gemeinden im Umkreis von 100 Kilometer von hier, wo das funktioniert. Und die westliche Bodenseeregion hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt: 100 Prozent der Energieversorgung aus erneuerbaren Kräften innerhalb von 30 Jahren. Namhafte Wissenschaftler nennen das machbar. Die Industrie- und Handelskammer, die IHK westlicher Bodensee, unterstützt das Ziel ebenso wie der Kreistag von Konstanz.


Warum? Pro Kopf und Jahr geben wir alle durchschnittlich 2.000 Euro für Energie aus. Wenn es gelingt, dieses Geld nicht “fremdgehen” zu lassen, also dieses Geld nicht etwa den Ölscheichs oder Herrn Putins Gasprom zu geben, sondern es hier im Land in Fluss zu halten, dann stehen jährlich Millionen von Euro bereit. Regional selbsttragend. Die Singener Firma “Solarcomplex” arbeitet bereits seit 2000 daran: mit Photovoltaikanlagen, einem Wasserkraftwerk und jetzt auch einer Biogasanlage in Bürgerbesitz.



Viel mehr Strom aus Wasserkraft

100% erneuerbare Energien – was kann die Wasserkraft dazu beitragen?
Viel.
Zumindest Fachleute wie Manfred Lüttke, Präsident der “Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg” sagen, Elektrizität aus z u s ä t z l I c h e n neuen, optimierten und sanierten Wasserkraftanlagen in Deutschland sei in der Lage, den privaten Strombedarf der Bevölkerung von Baden-Württemberg vollständig zu decken. Immerhin.
15 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr.


Woher soll diese ungeheure Strommenge zusätzlich stammen?



Manche von Ihnen erinnern sich vielleicht noch ans Frühjahr 1986. Damals erschreckte die “tagesschau” mit dem Bericht, in einem Atomkraftwerk bei Tschernobyl sei am 26. April ein großer Unfall passiert.


Am 6. Mai 1986 erschien in der “Schwäbischen Zeitung” eine große Anzeige der “deutschen Stromversorger”. Diese behaupteten darin, sie nutzen bereits die umweltfreundliche Kraft des fließenden Nass “soweit es unsere Flüsse erlauben”.
“Soweit es unsere Flüsse erlauben” – wörtlich zitiert.

Interessanterweise verkünden heute solche Stromkonzerne wie die “Energie Baden-Württemberg” (EnBW) in großen Straßenplakaten, man wolle zusätzlich Strom aus Wasserkraft für Hundertausende Leute im Land gewinnen.

Sehr begrüßenswert finde ich das.
Nur: Mit einer ihren beiden Aussagen müssen die Stromgiganten logischerweise falsch liegen. Entweder ist die Wasserkraft komplett ausgebaut oder es geht noch mehr.

Gottseidank geht mehr.
Viel mehr.


Auf den früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß wird der Ratschlag zurückgeführt: “Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah”. Und so möchte ich an einem Gewässer hier in der Nähe zeigen, wieviel stärker sich Wasserkraft noch nutzen ließe.

Es handelt sich um den Flappach. Also einen Bach in Ravensburg. Er treibt unter anderem die schon erwähnte Mönch- oder Schulermühle an. Die Turbine dort liefert pro Jahr rund 75.000 Kilowattstunden Strom. Seit etwa 1924.

Mönchmüller Johannes Schuler nutzt am Flappach noch eine weitere Turbine von 1939. Deren Generator erzeugt pro Jahr wiederum 200.000 Kilowattstunden. ‘Bringt zusammen also schon bis zu 275.000 Kilowattstunden. Genug für den privaten Elektrizitäts-Bedarf von etwa 180 Personen.



Vor hundert Jahren zehn mal mehr Wassertriebwerke in Deutschland


Und nun kommt das Bemerkenswerte: Sie sehen hier die Karte “Wasserkraft im Kreis Ravensburg”. Diese grüne Karte hat mein “regenerativ informations- und organizations-service” rio’s letztes Jahr veröffentlicht. Und dann in Toiletten von Gastwirtschaften gehängt – wo die Wasserkraft bekanntlich auf ganz besondere Weise wirkt. Sie können mit die letzten Exemplare dieser Karte nachher für 18 Euro das Stück bei mir kaufen. Oder Sie klicken einfach in’s Internet unter www.rio-s.de.

www.rio-s.de



Schauen wir die Wasserkraftkarte genauer an. Dort zu sehen: aktive Wasserkraftanlagen als schwarze Punkte und ehemalige – heute nicht mehr betriebene – Wassertriebwerke als weiße Punkte mit schwarzem Kreis drumrum. Sie bemerken schnell: Es gibt viel mehr weiße Punkte. Also viel mehr ehemalige, Wasserkraftanlagen. Gut doppelt so viele wie heute.
Und woher habe ich die Informationen für diese Karte? Vom Amt. Aus
Landkarten der Wassertriebwerke in den Altkreisen Ravensburg und Wangen. Die Karten zeigte mir freundlicherweise das
Landratsamt Ravensburg. Sie stammen vermutlich aus der Zeit um 1900.Ähnliche Ergebnisse entdeckte ich in Listen des Baden-Württembergischen Wasserverbandes. Dort liegen Berichte über Gewässer für Gewässer - mit den einzelnen Wassertriebwerken, ihren Besitzern, ihren Fallhöhen, Wassermengen, Nutzungen, Maschinentypen und und und.


Zurück direkt nach Ravensburg.
Wenn wir nun auf rio’’s Wasserkraftkarte schauen, wieviele Wassertriebwerke am Flappach einst wirkten, lässt sich leicht nachzählen, dass es ‘mal 20 waren. Im Gegensatz zu zwei funktionierenden heute. Es waren also mal zehn mal mehr als heute.
Zehn mal mehr als heute.


Der Flappach – ein Einzelfall?
Keineswegs! Aufgrund ähnlich amtlicher Angaben meinen Fachleute: Um 1900 arbeiteten in Deutschland rund 80.000 Wassertriebwerke – durchaus teils schon mit Turbinen wie hier in Baienfurt. 80.000 um 1900. Und heute? Im Jahr 2000 waren es allenfalls noch ganze 8000. Also ein Zehntel.


Nun kenne ich niemand, der behauptet: ‘Zehn mal mehr Wassertriebwerke früher – künftig alle wieder in Betrieb nehmen und dann zehn mal mehr Strom aus Wasserkraft haben als heute.’




Wirtschaftsförderin Wasserkraft:
Heimische Nachfrage wichtig


Die ernsthafte Antwort auf die Frage, welches Steigerungspotential die Wasserkraft in Deutschland jetzt aufweist, legt den Weg zu weiteren Fachleuten nahe.

Zum Beispiel zu leitenden Ingenieuren bei VA TECH Escher Wyss in Ravensburg. Die Firma sichert dort etwa 400 Arbeitsplätze im Bereich Wasserkraft-Bau.

Nun klagen die Fachleute “beim Escher” - über folgendes Problem: Pro Monat verkauft das Unternehmen von Ravensburg aus mal zwei, mal drei Wasserturbinen. In vielerlei Länder.
E i n Staat fehlte auf der Kundenliste aber in letzter Zeit mal ein ganzes Jahr: Deutschland.
Ja, Sie haben richtig gehört: Deutschland.

Nun könnte man glauben, für Escher Wyss sei es doch ganz
e g a l , w o h I n
das Unternehmen seine Turbinen liefert. Ist es aber wohl nicht. Denn Kundinnen oder Kunden, die vielleicht aus China oder der Türkei nach Ravensburg reisen, um sich dort die tollen Turbinen zeigen zu lassen, fragen selbstveständlich ab und zu: “Und in Eurem eigenen Land – verkauft Ihr dort auch Eure Turbinen?” Schließlich will die Kundschaft aus China oder der Türkei ein Produkt, das so verlässlich ist, dass es der Produzent auch bei sich selbst nutzt - im eigenen Land. Und da liegt das Problem. Offenbar denkt die VA TECH-Konzernspitze bereits darüber nach, die Turbinenproduktion langfristig eher dort hin zu verlagern, wo die meiste Kundschaft sitzt. Also vielleicht nach China. Gefährlich für Ravensburg. Doch: Solche Gefahren abwenden? Wie?

Escher Wyss Ravensburg pflegt heute zu einer ganzen Reihe bauwilliger Turbinen-Kunden in Deutschland enge Kontakte.
Deren Hauptproblem: Sie d ü r f e n ihre geplanten Wasserkraftanlagen nicht errichten. Grund: Behördliche Auflagen, von denen Hermann Scheer, der Vorsitzende des “Weltrates für erneuerbare Energien” gesagt hat, sie seien oft “mehr denn kafkaesk”.

In Fachämtern heißt es immer wieder, Wasserkraftwerke störten das “Wandern” von Fischen. In der Tat: Viele Stauwehre in Gewässern sind so hoch, dass sie ein Fisch nicht überspringen kann. Nur: Die vorher bereits dargelegten Zahlen
zeigen: Viele Stauwehre stehen heute ohne Wasserkraftwerke da. Es gibt Leute, die meinen, man solle doch einfach die Stauwehre abreißen. Nur. Wer bezahlt das? Und: Was passiert dann bei Hochwasser? Oder: Wie sollen die vielen schönen Stauweiher, die hier in Oberschwaben ja mit Millionenaufwand am Leben erhalten werden, ohne Stauwehre funktionieren?



Damit der Fisch die Kurve kriegt

Wehre in Gewässern dienen verschiedenen Aufgaben. Zum Beispiel derjenigen, zu verhindern, dass sich Flüsse immer mehr eintiefen – und damit langfristig die Grundwasserstände absenken. Die Iller bei Ulm gräbt ihren Boden, ihre Sohle, pro Jahr um 30 Zentimeter tiefer. Deshalb planten die Länder Bayern und Baden-Württemberg bei Bellenberg ein neues Iller-Wehr.

Für Fische “durchwanderbar” werden Stauwehre meist dadurch, dass kleine Bäche u m die Stauanlagen h e r u m angelegt werden. Sogenannte “Fischpässe” oder “Fischtreppen”. Und wer macht das? Vor allem: Wer bezahlt das? Der Staat, von dem fast alle sagen, seine Kassen seien leer?
Wohl kaum. Solche Umgehungsbäche anlegen können Leute oder Firmen, die an bestehenden Wehren entweder ehemalige Wasserkraftanlagen wieder in Betrieb nehmen oder an alten Wehren neue Wassertriebwerke bauen. Im Rahmen des Wasserkraftwerk-Baus lassen sich dann solche Umgehungsbäche für Wassertiere, solche Fischpässe finanzieren. Konkret zu sehen etwa an der Scherzach hier im oberschwäbischen Weingarten.
Auch an Donau und Iller.

Doch: Fragen Sie mal die mittelständischen Betreiber solcher Wasserkraftanlagen. Diese Männer beklagen sich immer wieder darüber, dass sie sich bei der Nutzung der Wasserkraft von Fach- und Kreisbehörden bedrängt und oft ungerecht behandelt , ja sogar schickaniert fühlten. Hermann Scheer nennt so etwas “mehr denn kafkaesk” – wie berichtet.

Ingenieur Adalbert Hall, der an der Scherzach in Weingarten ein altes Wasserkraftwerk wieder belebt, darunter ein neues errichtet und dabei auch einen Umgehungsbach für Fische um das alte, bereits bestandene Stauwehr angelegt hat, dachte sogar mehrmals daran, sein Wasserkraft-Vorhaben aufzugeben. Gottseidank hat Hall jahrelang durchgehalten. Denn er war es, der den neu angelegten Fischpass bezahlt hat.

Leute wie Adalbert Hall sind es, die in den Kundenbüchern von Turbinenfirmen stehen. Die bereits erwähnten Ingineure von Escher Wyss Ravensburg sagen mir: Dürften wir das in Deutschland bauen, was potentielle Kunden uns zur Planung in Auftrag gaben, ergäbe dies viel mehr Strom aus Wasserkraft zwischen Waterkant und Watzmann. Genauer: 8 Milliarden Kilowattstunden Elektrizität mehr pro Jahr.


Doch: Escher Wyss kennt bestimmt nicht alle
Wasserkraft-Bauwilligen in Deutschland. Es gibt andere Firmen wie Voith, Volk, Wiegert & Bähr oder Ossberger – und viele mittelständisch kleine Wasserkraftwerks-Bauer – wie etwa “Energie % Solartechnik Weiß” (ESW) bei Eberhardszell nahe Biberach..
Die “Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg ” und der Zusammenschluss ähnlicher
Landes-Vereinigungen - also der bundesweite “Bund deutscher Wasserkraftwerke” – wissen dagegen von Tausenden von Wasserkraftbetreibern und vielen Wasserkraft-Bauwilligen.
Aufgrund dieser Kenntnis hat die “Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg ” errechnet, dass sich die Strommenge aus Wasserkraft in Deutschland von derzeit rund 20 bis 25 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr um 17 Milliarden Kilowattstunden steigern ließe. Durch Ausbau, Sanierung, Optimierung und Neubau.


17 Milliarden Kilowattstunden zusätzlich pro Jahr.

Was bedeutet das?
In Baden-Württemberg leben rund 10 Millionen Leute.
Eine Privatperson benötigt pro Jahr im Schnitt bis zu 1.500 Kilowattstunden 1.500 Kilowattstunden mal 10 Millionen Leute in Baden-Württemberg ergeben 15 Milliarden Kilowattstunden.
15 Milliarden Kilowattstunden privater Strombedarf in unserer südwestlichen Spätzlesrepublik.

Die Wasserkraft würde gerne 17 Milliarden mehr liefern.
Wie berichtet: Planungen liegen vor. Sicherlich nicht gleich für alle 17 Milliarden Kilowattstunden, aber doch schon für beachtliche Kapazitäten.

So würden etwa die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm, die SWU, am besagten Illerwehr Bellenberg und an der Donau nahe Berg bei Ehingen gerne neue Wasserkraftanlagen bauen und andere optimieren oder mit größeren Stau-Höhen betreiben. Insgesamt erwarten sich die SWU davon 30 Millionen Kilowattstunden Strom mehr im Jahr.

Übrigens. Rund 5 Milliarden der schon erwähnten 17 Milliarden Kilowattstunden Steigerungspotential schlummern in Baden-Württemberg selbst. Davon etwa 45 Porzent aus Groß-Wasserkraftwerken – wie dem in Bau befindlichen Rheinfelden neu – und 55 Prozent aus kleineren und mittleren Wassertriebwerken.
Also das Groß bei den Kleineren.

Und: Mit die größten Wasserkraftpotentiale liegen dort, wo es mehr regnet. Vor allem im sogenannten ‘Stau der Gebirge’, im Schwarzwald und vor den Alpen. Sprich: hier.

Wasserkraft. Alte Energie mit neuer Zukunft. So der Titel meines Vortrags hier. Rund um den Bodensee hat die Zukunft schon begonnen. Die Stadtwerke Feldkirch nahmen ein neues Wassertriebwerk ans Netz. Seit Oktober 2003 liefert es mit 17 Millionen Kilowattstunden Jahresertrag heimische, klimafreundliche Elektrizität für über 1000 Leute. Im Sylvretta-Wasserkraftgebiet wird wieder gebaut. “Solarcomplex” in Singen aktivierte ein Triebwerk auf der “Musikinsel” beim Rathaus und will weitere Wasserkraft-Standorte anpacken. Diplomingenier Josef Dennemoser, Müllers-Sohn aus Leutkirch-Uttenhofen hat auf der bayerischen Seite unserer Gegend – in Weiler, Landkreis Lindau – an alter Stelle wieder ein Wassertriebwerk neu errichtet.


Wasserkraft Bayern und Preußen



Und überhaupt Bayern: Allein am Lech kenne ich derzeit zwei Wasserkraft-Baustellen. In Füssen und in Augsburg. In Füssen wird am altem Triebwerksstandort unterhalb des berühmten Mangfalls eine Neuanlage erstellt. Sie soll dann 20 Millionen Kilowattstunden Strom übers Jahr liefern – statt bisher 10 Millionen aus dem alten Triebwerk. Da haben wir sie also wieder: die Verdoppelung der Strommenge aus Wasserkraft.

Und In Oberstdorf, wo um 1990 noch etwa 7 Pozent des vor Ort verbrauchten Stroms aus heimischer Wasserenergie stammten, ist dieser Anteil bis heute auf fast 40 Pozent gestiegen. Also um mehr als das Fünffache. Tendenz: Steigend.

Noch näherliegend als Bayern: Preußen. Allerdings sein schwäbischer Teil. Sprich: Sigmaringen. Dort direkt unter dem weit sichtbaren Hohenzollernschloss gut zu erkennen: das Donauwehr. Auch diese Stauanlage war bis vor wenigen Jahren für Fische nicht “durchwanderbar”. Heute gluckert ein Umgehungsbach. Ihn haben die Stadtwerke Sigmaringen zusammen mit einer Turbine neben dem Wehr erstellt. Die neue Wasserkraftanlage liefert seither etwa 900.000 Kilowattstunden Elektrizität übers Jahr. Der Ertrag scheint das Kommunal-Unternehmen überzeugt zu haben. Denn bald danach entstand Donau--oberhalb, im Teilort Laiz, wieder an einem alten Wehr ein weiteres Wasserkraftwerk. Wieder mit Fischpass. Ja sogar noch mit einer Art ‘Rutsche’ für Kanus.


Sigmaringen, Singen – das sind aber eher Ausnahmen im Land. Siehe Ulm, wo die Stadtwerke seit gut 10 Jahren mit Landesbehörden um Genehmigungen streiten.




Energie vom Himmel


Dabei bietet Wasserkraft so viel Positives. Diese heimische, seit Jahrhunderten bewährte treibend-gluckernde Kraft gilt als Tochter der Sonnenenergie. Stürzen 100 Liter Wasser in 1 Sekunde 1 Meter tief, setzen sie dabei 1 Kilowatt Energie frei. Und rund 80 Prozent davon verwandeln moderne Wasser-kraftwerke in elektrischen Strom. Was aber hat dies mit Sonnenenergie zu tun?
Erst durch Verdunstung, also dadurch dass die Sonne Wasser in die Wolken ‘zieht’, kann es von dort wieder abregnen. Tropfen für Tropfen. Immer wieder. Regenerativ. Ganz ohne das Klimagas Kohlendioxid (CO 2) in die Luft zu blasen.

Übrigens: Sonnenenergie scheint vom Himmel. Und vom Himmel fällt auch die Wasserkraft – Tropfen für Tropfen. Das erkannten Mönche und Nonnen schon vor Jahrhunderten. Oder: Welches Kloster in der Region – außer Inzigkofen – hatte keine Wassermühle oder wasserkraft-betriebene Sägerei in seinem Verwaltungsbereich? In Beuron und Untermarchtal tun das Orden
noch heute.

Energie vom Himmel – Tropfen für Tropfen. Gut für uns alle, interessant für Thoeologen. Aber auch für Touristiker Denn es gibt ihn, den Tourismus dank Turbinen. Allein zum Walchenseekraftwerk reisen pro Jahr 100.000 Leute. Stauweiher – oft ideale Plätze für Badespass. Etwa der Flappachweiher in Ravensburg. Einst als Rückhaltebecken für die geschilderten Wassertriebwerke höhergestaut, dient er inzwischen Hunderttausenden zur Erholung.
Erholen dient dem Regenerieren.
Regenerieren dank Regenerativenergien.

Kein Wunder, dass über 80 Prozent der Deutschen in sogenannten ‘representativen’ Umfragen Wasserkraft als “Wunschenergie” bezeichneten. Vergleichsquote für Atomkraft: 12 Prozent.

Wasserkraft: Wünsche werden wahr.


Vor dem letzten Teil dieses Vortrags eine eigene Erfahrung:
Rio’s durfte im September 2004 ins altehrwürdige Donaukraftwerk Obermarchtal-Alfredstal bei Ulm die Ausstellung “Maschinen unterm Münster” (MuM) einbauen. Seither sind sind über 1.200 Leute dorthin gekommen. Mit mehr als 1.000 hatte anfangs niemand gerechnet. Denn normalerweise geht’s nur nach Anmeldung ins Kraftwerk rein. Schauen Sie selber mal hin. 800 Meter flussabwärts des Barockmünsters.


Anmeldung notwendig.
Am einfachsten unter

www.mum-wasserkraft.de



Wasserkraft – sie könnte enormes zur sauberen Steigerung des Stroms hier beitragen. Manche meinen: den gesamten privaten Stromverbrauch in Baden-Württemberg zusätzlich.

Andere mögen das anders sehen. Aber selbst die “Perspektiven der Energieversorgung”, die Professor Voß, Universität Stuttgart 1987 im Auftrag von Lothar Späths Landesregierung vorgelegt hat, fordern “einen Neuzugang von 940 Wasserrechten”. Also Genehmigungen von knapp 1.000 neuen Wasserkraftanlagen. Im Schnitt bedeuten die 940 Rechte 26 neue Wasserkraftwerke pro Landkreis.


Wieviel Wasserkraftanlagen an welchem Ort wären möglich und sinnvoll? Das hat der Regionalverband Neckar-Alb bereits 1995 in einem 180 Seiten starken Handatlas gezeigt. Nach jahrelanger Recherche. Eine Pionierleistung des dortigen Verbandsvorsitzenden Dr. Dieter Gust.



Packen wir’s an!

Zum Schluss drei Angebote – damit sich Ihr Zuhören mehrfach lohnt:

Erstens:
Eine ähnliche Wasserkraft-Studie wie die von der Neckar-Alb für das Gebiet des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben ? Fachingenieure, geograpische und geschichtliche Experten haben mir gesagt, sie würden gerne daran mitmachen. rio’s bietet sich als aktiv kundiger Koordinator dafür an. Nicht kostenlos, aber privatwirtschaftlich effektiv.


Mein zweites Angebot an Sie, meine Damen und Herren in den Rathäusern:.
Was “Tourismus dank Turbinen” anbetrifft – auch da bin ich gerne bereit, zu Ihnen zu kommen.
Kann Wasserkraft an Ihrem Ort stärker den Fremdenverkehr fördern? Vielleicht auch dank Wanderwegen zu Wasserrädern? Darüber können wir zusammen nachdenken.

Und da aller guten Dinge drei sind: Erneurbare Energien lassen sich ja sehr vielfältig nutzen. Zum Beispiel in Form von Pflanzen, die in Richtung Sonnenlicht wachsen.
Ich fahre seit 2001 meinen umgerüsteten VW Golf mit rein kaltgepresstem Pflanzenöl . Also mit einem Kraftstoff, den man essen kann.
Häufig frei haus geliefert von einem Bauern von der Alb bei Ulm. Ein Ölscheich, der schwäbisch schwätzt. Preis pro Liter furs ‘heilix blechle’’ im Spätsommer 2005: etwa 71 Cent. Dieses Pflanzenöl lässt sich übrigens auch in Heizkraftwerken nutzen. In der Regel zu weit geringeren Heizkosten als mit herkömmlichem Mineralöl. Auch hierzu vermittelt Ihnen rio’s gerne maßgeschneiderte Informationen.

Wie hieß es in der Werbung eines Mineralöl-Konzerns vor Jahren: Es gibt viel zu tun – packen wir’s an.
Dem kann bei der Wasserkraft hier nur zugestimmt werden.

Wasserkraft –alte Energie mit neuer Zukunft.

Nutzen wir sie!

Vielen DANK für Ihre Aufmerksamkeit!