Leutkirch-Rotismühle, 15.März 2021
3 B I S 9 C E N T
Ein
absoluter Preishammer. Wer bisher für eine Kilowattstunde Elektrizität
30 (und mehr) Cent zahlte, kann die gleiche Strommenge jetzt für §-9
Cent beziehen. Aus jetzt, Frühjahr 2021 aufs eigene Dach montierten
Solarzellen in den eigenen Räumen direkt drunter. Das "manager
magazin" hatte also Recht, als es am 23. März 2018 verkündete:
"Solarenergie ist in Deutschland die billigste Stromquelle."
Genauer berechnet: Ein "Kilowatt peak" (sprich: ein Kiliwatt piiiik)
bedeutet bei Elektrizität aus Solarmodulen: ein Kilowatt
Höchstleistung. Zu beziehen aus rund 5 bis 8 Quadratmetern
Solarmodulen auf dem eigenen Dach.
Wer
sich jetzt, Frühjahr 2021 so viel Sonnenplatten auf die eigene
Hausabdeckung montieren lässt, bekommt daraus pro Jahr bis zu 1.000
Kilowattstunden Elektrizität. Zumindest während der ersten Jahre. Die
meisten Lieferfirmen garantieren heute eine Leistung von 80% auch noch
nach 25 Jahren. Also dann 800 Kilowattstunden pro Jahr - selbst noch
25 Jahre nach der Montage.
A n F r a u D
r . M e r k e l s F r
e u n d i n d e n k e n
Sie
ist im schwäbischen Oberland gelegentlich noch zu finden: die
"schwäbische Hausfrau". Diese (un-)heimliche Freundin von Frau Dr.
Angela Merkel mag vielleicht vorsichtig rechnen: "Ich gehe lieber nur
ganz sicher von lediglich 800 Kilowattstunden vom ersten Jahr an aus."
Und nicht 1.000 Kilowattstunden.
Soweit so sonnig gut. 800 Kilowattstunden pro Jahr ergeben in 25
Jahren 20.000 Kilowattsunden. Was bedeutet das für den Preis pro
Kilowattstunde? Wer seine fünf bis acht Quadratmeter Solarzellen fürs
eigene Dach bei der `teuersten Apotheke' erworben hat, zahlte dafür an
die 2.000 Euro. Beim Fachhandel (Elektro) gibt's das gleiche für
Preise zwischen 1.200 und 1.700 Euro. Im Bodenseekreis sollen auch
schon 1.000 Euro pro 1 kWp hingeblättert worden sein.
Daher gilt die Rechnung: 2.000 Euro einmalig geteilt durch 20.000
Kilowattstunden = 0,10. Also 0,10 Euro. Gleich 10 Cent.
Wer
stattdessen nur 1.000 Euro pro 1 Kilowatt peak berappt hat und daraus
in 25 Jahren 20.000 Kilowattstunden erhält, wendet pro Kilowattstunde
0,05 Euro auf. Also 5 Cent je Kilowattstunde. 5 Cent für Strom
vom eigenen Dach - statt 30 Cent aus dem `normalen' Netz.
B i l l i g e r
a l s
A t o m s t r o m ?
Doch
da geht noch mehr. Solarzellen arbeiten nämlich länger als 25 Jahre.
(Mindestens) eine in Deutschland schon über 40 Jahre. Und ein
Laborversuch in Oberschwaben ergab: Die Solarmodule könnten auch 100
Jahre arbeiten. Gleicher Anschaffungspreis - viel mehr
Kilowattstunden. Wer einmalig 5-8 Quadratmeter Sonnenplatten aufs
eigene Dach montieren ließ und diese 100 Jahre arbeiten lässt, mag
daraus (bei einem angenommenen Jahresertrag von durchschnittlich 600
Kilowattstunden) insgesamt 60.000 Kilowattstunden bezogen haben. 2.000
Euro einmaliger Erwerbspreis geteilt durch 60.000 Kilowattstunden =
0,03. Also 3 Cent. Dann wäre bedacht hauseigen gewonnene Elektrizität
deutlich billiger als Atomstrom.
Der
Friedrichshafener Maurermeister, Bauplaner und Energieberater Manfred
Ertle:
"Wer
keine Solarzellen auf dem eigenen Dach hat, sollte rechnen lernen."
Mehr
über Manfred Erlte in diesem kurzen YouTube-Film:
Regenerativ: Bei Ertles zuhaus' in
Friedrichshafen
Folge 9 der YouTube-Film-Reihe
RiO Regenerativ in
Oberschwaben
von Moritz Bilger und Julian Aicher.
S o n n i g e Z e i t e n
Die
Kilowattstunde Elektrizität für weniger als 10 Cent? 100% Strom aus
heimisch erneuerbaren Energiequellen? Das könnte schon in wenigen
Jahren zwischen Donau und Alpen möglich sein. Für (fast) alle. Gar bis
2025? So lassen es zumindest mehrere Studien vermuten.
Stefan Hepp reibt sich die Hände. Und er denkt nach. Sein Blick geht
zum Dach des Hauses, in dem er lebt. Dort hat Hepp vor Jahren
Solarzellen drauf montiert. Pro Jahr liefern sie etwa 200.000
Kilowattstunden Elektrizität. Auch auf anderen ehemaligen Gehöften in
seinem 35-Seelen-Dorf Leutkirch-Rotis schimmern Solarmodule im
Sonnenlicht.
Erneuerbare Energien erzeugten in dem Weiler an der
baden-württembergisch, bayerischen Grenze 2015 rund 270.000
Kilowattstunden Elektrizität. Stromverbrauch im gleichen Ort damals:
keine 90.000 Kilowattstunden. Hauptsächlich Photovoltaik - und etwas
Wasserkraft. Regenerativ-Energiequellen sorgen hier für drei mal mehr
Elektrizität als Rotis verwendet.
Möglich überall zwischen Donau und Bodensee? Gar für ganz Deutschland?
Der Zimmermann Stefan Hepp hat jahrelang Solaranlagen montiert. "Die
Leute sind ja noch da", sinniert er. Um dann festzustellen: "Drei,
vier Jahre könnte das schon dauern." Also keine fünf Jahre, bis
Deutschland seine komplette Strommenge aus Solarzellen auf bereits
bestehenden Dächern deckt.
Ü b e r
1 0 0 %
Viele Hinweise. Was der erfahrene Handwerker da abschätzt,
bestätigen immer mehr Studien: Die Elektrizitätsmenge, die zwischen
Bremerhaven und Bregenz verwendet wird, ließe sich komplett allein aus
Solarmodulen auf deutschen Dächern gewinnen.
Und im schwäbischen Oberland? 130% allein aus Solarmodulen auf Dächern
im Kreis Lindau. So eine Erhebung im Auftrag des damaligen
Kreis-"Klimaschutzmanagers" Steffen Riedel für den Landkreis am
Bodensee. Für den Kreis Ravensburg errechnete die "energieagentur
ravensburg" im Jahr 2019 insgesamt 90%. Und mögliche 99% für den Kreis
Sigmaringen. Wie viel für den Kreis Biberach?
Für ganz Deutschland ermittelte die Geodätin und Geoinformatikerin,
Professorin Dr. Martina Klärle bereits 2010 insgesamt 100%. Dafür
reichen 60% der deutschen Dachflächen aus, ließ die Wissenschaftlerin
aus Baden-Württemberg mit Lehrauftrag an der Hochschule Frankfurt
wissen. 60% - bedeckt mit Solarmodulen. Später, 2015, nannte Klärle
gar über 120% der zwischen Ostsee und Bodensee verbrauchten
Strommenge.
Regenerativ reichlich. Was Untersuchungen der Dachflächen da
für die Region zwischen Alb und Alpen voraussagen, scheint durchaus
nicht unrealistisch. Allein im Kreis Ravensburg gewinnen mindestens
vier Orte schon heute, März 2021, die dort verbrauchte
Elektrizitätsmenge aus heimisch-erneuerbaren Kraftquellen: Argenbühl,
Horgenzell, Rotis und Uttenhofen. Ebenso fast auch Ebenweiler. Und da
Kißlegg bis 2020 bereits 90% erreicht hatte, dürften auch dort bald
100% zu erwarten sein. In Argenbühl macht's eine Mischung aus
Sonnenstrom, Biogas und Wasserkraft. In Horgenzell wirkt vor allem
Bioenergie.
Bis 2025?
Sonnige Zeiten also für jenen Teil Süddeutschlands, der der Sonne
besonders nahe liegt? Wohl schon. Denn Sonnenstrom lässt sich ja nicht
allein auf Dächern gewinnen. Stichwort "Balkonmodule". Stichwort:
Verkehrs-Geräusch-Minderungs-Wände aus Solarzellen. Und dann bringen
noch Sonnentöchter wie Bioenergie, Wasser- und Windkraft etliches
mehr. Zudem Erdwärme. Wenn also die Stadtwerke München bis 2025 die
komplette Elektrizität für die "Weltstadt mit Herz" aus
Regenerativquellen beziehen möchte, dann könnte das schwäbische
Oberland da ähnlich ganz oben mitspielen in dieser energischen Liga.
Der "Ausschuss für Umwelt und Mobilität" im Kreistag von Ravensburg
empfahl daher im Sommer 2020, bis 2025 ganze 100% der im Kreis
benötigten Strommenge aus Erneuerbaren Energien von hier zu beziehen.
2025 als an zu strebende Zielmarke.
Nicht umsonst. Denn eine Kilowattstunde Elektrizität aus jetzt,
März 2021, montierten Solarzellen auf dem eigenen Dach kostet direkt
in den eigenen Räumen drunter zwischen 4 und 8,5 Cent. Zum Vergleich:
Im "normalen" Netz kommt die gleiche Strommenge auf (über) 30 Cent.
Ein sonniger Preishammer also.
Demnach bald sonnige Zeiten? Während in Regierungskreisen 11
Jahre "nach Fukushima" (11. März 2011) darüber spekuliert werden
dürfte, ob Erneuerbare Energien jemals die gesamte
Elektrizitätsversorgung zwischen Flensburg und Friedrichshafen sichern
könnten, setzt das schwäbische Oberland sonnig helle Zeichen. Jetzt.
Die Losung lautet daher:
Nicht labern, sondern handeln.
Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Wo, wenn nicht
hier?
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